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Persönlicher Kommentar

Fremdscham

Es ist mir ein Bedürfnis, Menschen, die nicht in Bayern zuhause sind mitzuteilen, dass der aktuelle Ministerpräsident des Freistaates den Geist der Bayernhymne mit Füßen tritt. Nun muss niemand wissen, dass es so eine Hymne wirklich gibt. Ja, Bayern hat eine eigene Hymne und sie wird gerne bei feierlichen Anlässen gesungen – gleich nach „Einigkeit und Recht und Freiheit“. Die Melodie des „Liedes der Bayern“ ist leicht singbar aber nicht unbedingt große Musik. Auch der Hymnentext ist nicht gerade höchste Literatur; dennoch ist er stellenweise aussagekräftig, aber – wie bei einem Text aus dem 19. Jahrhundert nicht anders zu erwarten – gendermäßig etwas defizitär. 

Zurück zum Ministerpräsidenten: Er hat bekanntlich angekündigt, das jahrzehntelange Versagen der bayerischen Schulpolitik (wer hat dieses Land nur regiert?) mit einer Abwerbeaktion von Lehrkräften aus anderen Bundesländern zu heilen. Genug Geld ist ja da. Und genau da findet die Verachtung der Hymne statt: In deren zweiter Strophe liest man nämlich die schöne Selbstverpflichtung: „Dass mit Deutschlands Bruderstämmen einig uns ein jeder schau!“ 

Also lieber Herr Dr. Söder: Abwerbeaktionen bei Brüdern und Schwestern haben mit Brüderlichkeit und Einigkeit nichts zu tun. So etwas schädigt die „Bruderstämme“. Das tut man nicht – vor allem nicht, wenn man die Bayernhymne bei allen Anlässen feierlich zelebriert. Ich schäme mich für diesen Ministerpräsidenten. 

Autor/in:
Bernhard G. Suttner
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